un·systemischer Ratschlag – Juni 2017

Kleine Experimentiervorschläge um die Unternehmenskultur in Bewegung zu bringen

Wenn Sie sich für das Vorantreiben eines grundsätzlichen „reinventing (nach Frederic Laloux)“ (noch) nicht in der Lage fühlen, so können Sie doch in Ihrem Tätigkeitsbereich durch Experimente die Unternehmenskultur in eine positive Richtung mit weiterentwickeln helfen. In eine Richtung, sodass Kooperieren/Koproduzieren effektiver von statten geht, dass vorhandene Potentiale leichter gehoben werden, dass ein sinnvolles Ganzes und die relevante Umwelt mehr im gemeinsamen Blick aller ist, dass die Arbeit im Unternehmen gesünder und energetisierend erlebt wird.
 
Verkürzt auf den Punkt gebracht, stellt Unternehmenskultur den Succuss der Erfolgserlebnisse einer Organisation in der Vergangenheit dar. Um eine teilweise dysfunktional gewordene Kultur „umzuschreiben“, müssen neue Erfolgserlebnisse erlebbar gemacht werden, die bewährte Denk- und Handlungsweisen von früher relativieren. Kleine Experimente, Vorgangsweisen, in denen Dinge anders als üblich – weniger kulturkonform – angegangen werden, können hier Erfolgsrelevantes für die Zukunftssicherung bewirken, Alteingefahrenes in Bewegung bringen.
 
Nachstehend finden Sie drei Experimentiervorschläge, die sich in der Praxis bereits bewährt haben. Sicher fallen Ihnen auch selbst einige weitere Experimentieroptionen ein, welche kleine – und zumindest vordergründig nicht bedrohliche – zweckmäßige Kulturbrüche initiieren könn(t)en.
 
 
Experimentvorschlag I:
 
Bauen Sie zu Beginn eines Teammeetings, das Sie leiten bzw. moderieren, eine explizite Runde ein, in der jemand über einen anderen Anwesenden
 
• bezüglich eines Ereignisses aus der Vorwoche
ein Lob bzw. eine Bedankung ausspricht, oder – sofern sie/er von keinem relevanten Ereignis weiß –
eine wertvolle generelle „Ressource“ – auf fachlicher oder sozialer Ebene – für das Team bzw. den Aufgabenbereich oder die Aufgabenstellung dieses Teams benennt.
Dazu benötigt es noch eine Spielregel, die Sie vor Beginn der Microfeedback-Runde kundtun müssen. Nämlich dass die Runde nicht im Kreis der Reihe nach durchzuführen ist. Sondern eine/r beginnt – eventuell gleich Sie – und immer die/der, welche/r gelobt wurde, bedankt sich und setzt die Runde mit einem anderen Teammitglied fort, das noch nicht an der Reihe war. Wer beginnt bekommt als Letzte/r „Feedback“.
 
 
Experimentvorschlag II:
 
Etablieren Sie bei einem Projekt, von dessen Ergebnis viele Bereiche betroffen sind, ein Projektteam ohne ProjektteamleiterIn. Dies bedeutet nicht, dass nicht Personen zur Wahrnehmung wichtiger Funktionen benannt werden, aber eben nicht für die Leitung an sich. Auf diese Weise existiert explizit keine Einzelperson, welche die Letztverantwortung für die Projektteamarbeit trägt und die Gespräche alleine mit dem Auftraggeber führt. Da alle für ein Projektergebnis gleich verantwortlich sind, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich im Team eine „Erste Reihe fußfrei“-Haltung einstellt sehr gering.
Am besten werden dabei Teamfunktionen – wie Koordination, Dokumentation, Facility/Terminmanagement – von verschiedenen Teammitgliedern (auf Zeit im Rotationsprinzip) wahrgenommen ; eventuell auch nicht von Einzelpersonen sondern jeweils von einem Duo.
 
Dieses Experiment ist schon etwas radikaler und überfordert mitunter die Mitglieder und die relevante Umwelt eines Projektteams. Daher kann es zweckmäßig sein, zum Start eines solchen Vorhabens mit geteilter Macht eine BeraterIn von außen hinzuzuziehen. Im Rahmen eines KickOff-Meetings und eines FollowUp-Reviewmeetings hilft diese das Vorhaben im Sinne eines abgesicherten Commitments aller Akteure zu Inhalt und Vorgehen aufzusetzen und notwendige Kooperationsspielregeln im Projektteam und hin zum Auftraggeber bzw. zum EntscheiderInnengremium herauszuarbeiten.
 
 
Experimentvorschlag III:
 
Sie sollen wie üblich eine Entscheidung zu einem Thema treffen, für das Ihr Bereich zentral zuständig ist und Sie verantwortlich zeichnen.

Halten Sie inne und treffen Sie diese Entscheidung nicht wie üblich alleine bzw. unter Beiziehung des/ihres üblichen kleinen Experten-/KeyPlayer-Kreises. Bitten Sie anstatt per mail alle von der Entscheidung Betroffenen um ein unmittelbares Feedback-mail zu Ihrer Lösungsidee.
Erst dann entscheiden Sie oder – wenn die Antworten sehr auseinandergehen und eine Menge bisher unbedachter Dinge aufzeigen – richten Sie eine Arbeitsgruppe bzw. ein Projekt zur Lösungsfindung ein. In jedem Falle senden Sie ein zweites mail aus, in dem Sie Ihre Lösungsentscheidung bzw. das weitere Vorgehen allen Beteiligten rückmelden. Auf diese Weise steigt die Qualität und Akzeptanz von Entscheidungen.
 
Hilfreich ist dabei: Weihen Sie Ihren üblichen kleinen Experten-/KeyPlayer-Kreis vorab in Ihr Vorgehen ein. Dann sind Irritationen bei diesen in Richtung Relativierung ihrer Bedeutung wenig(er) wahrscheinlich. Organisieren Sie den mailverkehr zu/von allen zur Einbringung Eingeladenen öffentlich. Dann sehen alle die eventuelle Vielfalt und Komplexität der Themenstellung bzw. wo die Mehrheiten hingehen. Fordern Sie das Feedback als spontanes Feedback bis zum nächsten Arbeitstag ein. Dann bleibt die Wahrscheinlichkeit eines authentischen Feedbacks hoch.